Ein paar Sätze über die Panoramafotografie.
Eigentlich ist es ganz einfach: Man muss nur alles fotografieren und die Einzelbilder zusammensetzen. Doch wie so oft steckt die Tücke im Detail. Hat man endlich Stitch- und Parallaxenfehler im Griff, kommen viele kleine und grosse Herausforderungen, um das perfekte Panorama zu schaffen. Der Kunde hat gewisse Wünsche und Vorstellungen und der Fotograf will sie bestmöglichst umsetzen. Dabei ist fast alles machbar. Hier finden Sie einige ganz alltägliche Beispiele.
Höhlenwohnung: Um den Charakter der Höhle zu betonen, wurde der Standort so gewählt, dass es keinen Blick ins Freie gibt. Ausserdem musste die Skulptur, als Symbol des Hauses, prominent ins Bild. Licht ist in der Höhle natürlich besonders wichtig und hier vom tiefsten Schwarz bis zum hellsten Weiss vorhanden. Damit ist jede Kamera überfordert, kann sie doch nur einen begrenzten Helligkeitsbereich aufnehmen. Solche Probleme können mit der HDR-Technik gelöst werden. D.h. hier erstellte ich von jedem Einzelbild 13 unterschiedliche Helligkeitsversionen, die zu einem harmonischen Ergebnis kombiniert wurden.
Es hätte so einfach sein können... Alle Einrichtungsgegenstände waren in die richtige Position gerückt, die Kerzen brannten, nur Kamera und Stativ waren mitten im Spiegel zu sehen. Also wurde ein zusätzliches Bild aus der Perspektive des Spiegels nötig, das in das Kugelbild eingesetzt werden konnte.
Sonnenaufgang: Nachdem Tags zuvor der Standort festgelegt und der Wecker auf 4Uhr gestellt worden war, ging es in finsterer Nacht hinaus. Im Schein der Taschenlampe wurde das Stativ aufgebaut, die Kamera ausgerichtet und eingestellt. Ab jetzt hiess es, auf das richtige Licht zu warten. Um diese Zeit verändert es sich in jeder Sekunde, d.h. bei der letzten Einzelaufnahme herrschen bereits ganz andere Bedingungen. Bei der Bildbearbeitung müssen die unterschiedlichen Lichtverhältnisse aneinander angeglichen werden. Zu allem Überfluss leuchteten hier einige Strassenlaternen mit furchtbarem grünem Licht.
Sonnenuntergang: Auch abends ändert sich das Licht sehr schnell und zwingt zu Belichtungszeiten von mehreren Sekunden. Dass sich in dieser Zeit die Menschen bewegen, erkennt man leicht an Unschärfen und sog. Geisterbildern. Probleme entstehen bei den Personen in den Überlappungsbereichen zweier Bilder. Auf dem einen Bild sind sie zur Hälfte abgebildet, auf dem nächsten aber schon längst woanders. Dies muss beim Fotografieren immer im Blick behalten werden. Am Ende muss ich genug Aufnahmen haben, um die abgeschnittenen Personen löschen und die entstehenden Lücken sinnvoll füllen zu können.
Die gleiche Technik lässt sich tagsüber ebenso erfolgreich einsetzen. Da auch hier das Problem der sich hin und her bewegenden Menschen besteht, brauche ich viele Einzelbilder (in diesem Fall waren es 90), um eine natürliche Szene ohne abgeschnittene oder doppelte Personen zu schaffen. Hier stellt sich dann auch die Frage nach dem dokumentarischen Wert bzw. der Echtheit eines Kugelpanoramas. Da es immer aus mehreren Einzelbildern zusammengesetzt wird, ist es, sobald es sich bewegende Bildelemente enthält, keine Momentaufnahme mehr, die alle Elemente zum gleichen Zeitpunkt darstellen kann.
Geduld: Das sollte man als Fotograf früh lernen. Beim Warten auf das Licht, weiss man zumindest wann es zu erwarten ist. Doch ob sich der Wind an einem windstillen Tag dazu herablässt, eine Fahne zu bewegen, ist ungewiss. Da hier auf der Brücke auch sonst nicht viel los war, wollte ich den Verkehr mit weniger alltäglichen Fahrzeugen darstellen: Motorradfahrer und Oldtimer. Sogar die Kajakfahrer auf dem Fluss verdanke ich der Geduld. Auch dieses Kugelpanorama ist ein gutes Beispiel für eine Bildmontage. Zwar war jedes Bildelement an dieser Stelle, aber jedes zu einem anderen Zeitpunkt, also nicht in der hier gezeigten Kombination.
Eine völlig andere Aufgabenstellung verlangte diese Galerie. Hier werden die Werke international bekannter Künstler verkauft. Selbstverständlich ist diese Galerie mit modernsten Sicherheitsanlagen ausgerüstet. Doch die dürfen auf dem Kugelpanorama nicht zu sehen sein, wurden also nachträglich herausretuschiert. Aus Sicherheitsüberlegungen wurde auch das Fenster so hell gehalten. Es sollte keinen Hinweis auf die Aussenanlagen geben.
Noch einen Schritt weiter ging es bei der Montage in diesem Panorama. Das Wohnmobil stand auf dem Werksgelände des Herstellers und der Blick aus den Fenstern fiel ins graue Gewerbegebiet. Um eine viel positivere Atmosphäre zu schaffen, wurde die Umgebung gegen die Parklandschaft ausgetauscht. Allerdings mussten deshalb die transparenten Fensterflächen manuell konstruiert werden.
Heiner Sträßer